Kapitel 8 Gestaltung und Publikation
In den empirischen Wissenschaften besteht die Tätigkeit des Forschers darin, Hypothesen und Theoriesysteme aufzustellen und systematisch zu überprüfen (Popper, 1966). “Wissenschaft lässt sich [dabei] nicht über Inhalte definieren, sondern nur über die Vorgehensweise” (Schnell, Hill & Esser, 2008, S. 6). Die Publikation der Ergebnisse ist eine entscheidende Phase des Forschungsprozesses. Über die Forschungsbereiche hinweg existieren vielfältige Vorgaben, deren Einhaltung häufig darüber entscheidet, ob die Ergebnisse den Zugang zur Forschungsgemeinschaft finden. Die vorliegende Dokumentation soll dazu beitragen, offene Fragen zu Richtlinien und Gestaltungsmerkmalen für schriftliche Arbeiten im Rahmen des Projektseminars zu beantworten. Die inhaltliche Richtigkeit vorausgesetzt, werden formale Kriterien (z.B. Aufbau der Arbeit und Zitation) dargestellt.
8.1 Aufbau der Arbeit
Arbeiten der quantitativen Forschung entsprechen im Allgemeinen dem folgenden Aufbau (Friedrichs, 2014):
Einleitung
Theorie
Hypothesen
Methoden und Stichprobe
Ergebnisse
Diskussion/ Implikationen
8.1.1 Einleitung
In der Einleitung werden die Problemstellung, das Ziel und der Aufbau der Arbeit erläutert (Bouncken, 2009). Der Einstieg in die Konversation sollte die wichtigsten Themen und Personen einbeziehen und breit genug gewählt werden, um eine hohe Leserschaft anzusprechen und deren Interesse zu wecken. Formulierungen wie bspw. ‘Es gibt ein wachsendes Interesse an X’, sollten auch mit Argumenten versehen werden, warum dies so ist. Unterschiedliche Aspekte sollten dabei mit Quellen versehen zu der zentralen Frage hinleiten, was über X herausgefunden werden soll. Die Beschreibung dieses Forschungsthemas sollte achtsam erfolgen. Einerseits sollte deutlich werden, dass das Thema eine wichtige Wissenslücke füllen kann, andererseits sollte nicht einfach formuliert werden, dass dieses Thema noch gar nicht beforscht wurde. Es könnte sonst der Eindruck entstehen, dass dieses Thema unbedeutsam ist. Über das Erkenntnisinteresse hinaus, muss aus der Einleitung hervorgehen, “ob Sie mit einer bestimmten Methode zu Ergebnissen gelangen wollen” (Bouncken, 2009, S. 11).
In Abgrenzung von Auftragsforschung oder Umfragen zur Meinungsbildung sollte die Bewertungsneutralität der Ergebnisse durch den Vermerk, dass es sich um ein Forschungspapier handelt, angesprochen werden.
Die wichtigsten Erkenntnisse, die sich auf die vorgenannte Wissenslücke beziehen sowie maximal ein Satz über den Datensatz schließen die Einleitung ab.
8.1.2 Theorie
Dieser Teil der Arbeit (Hauptteil) bezeichnet “das Kernstück der Arbeit” (Bouncken, 2009, S. 11). Dabei werden “zunächst die theoretischen Grundlagen zu diskutieren [wobei] das Material nicht nach Fülle, sondern nach Prägnanz ausgewählt wird” (Bouncken, 2009, S. 12). Es sollten alle Theorien, Konzepte und Begriffe aufgeführt und behandelt werden, die für das Verständnis wichtig erscheinen (Steudel, 2011) und auch tatsächlich in der vorliegenden Arbeit Verwendung finden (Friedrichs, 2014). Die Darstellung des aktuellen Forschungsstandes dient auch der “Einordnung der eigenen Ergebnisse […] in der [später folgenden] Diskussion” (Steudel, 2011, S. 13).
8.1.3 Hypothesenformulierungen
Unter Berücksichtigung der theoretischen Abhandlung und Einordnung sollen gerichtete und überprüfbare Hypothesen formuliert werden. Indirekte Formulierungen wie z.B. ‘bei kleinen Unternehmen wirkt die Unternehmensgröße negativ auf…’ sollen positiv formuliert werden: ‘Die Unternehmensgröße wirkt positiv auf …’.
Mediationshypothesen sollen gemäß der Logik: ‘Durch höhere/geringere [Mediator] wirkt die [Unabhängige Variable] positiv/negativ auf die [Abhängige Variable]’ formuliert werden.
Moderationshypothesen sollen gemäß der Logik: ‘Der positive/negative Einfluss der [Unabhängige Variable] auf die [Abhängige Variable] wird durch eine hohe/geringe Ausprägung von [Moderator] verringert/verstärkt’ formuliert werden.
8.1.4 Methoden und Stichproben
Da sich häufig mehrere Wege zur Überprüfung von Hypothesen eignen (Steudel, 2011), enthält der methodische Teil alle relevanten Informationen darüber, wie empirisch vorgegangen wurde (Friedrichs, 2014). Dies schließt alle angewandten Methoden (z.B. Datengewinnung, -transformation, -analyse und Interpretation) ein.
8.1.4.1 Erhebung
Ausgehend von der Art und Weise, wie die verwendeten Daten gewonnen wurden (z.B. Fragebogen oder Sekundärdaten) ist aufzuführen, ob es sich dabei um theoretische Konstrukte oder objektiven Kennzahlen handelt.
Für theoretische Konstrukte, welche durch Fragebögen erhoben werden ist ein Bezug auf ihre Operationalisierung mittels Indikatoren (Items) sowie die Messung über eine Rating- oder Likert-Antwort-Skala (Likert, 1932) herzustellen.
Als Messgütekriterien für derartige Messungen sind standardisierte Faktorladungen, die Reliabilität der Skala sowie Konvergenz- und Diskriminanzvalidität aufzuführen.
8.1.4.2 Durchführung
Auf den Untersuchungsrahmen (Querschnitt- oder Längsschnittstudie), die Auswahl der Studienteilnehmer (Deskriptive Beschreibung der Stichprobe) und eine kurze Instruktion zur Durchführung der Untersuchung ist einzugehen.
Wenn die Repräsentativität der Stichprobe überprüft wird, ist anzugeben welche Grundgesamtheit (Messeteilnehmer oder die gesamte Industrie) zu dem Vergleich herangezogen wird. Verwendetes Material (z.B. Fragebogen) wird gegebenenfalls im Anhang eingefügt.
8.1.4.3 Analyse
Im Mittelpunkt der Analyse stehen die zur Hypothesentestung notwendigen Analyseverfahren (z.B. Regression, Strukturgleichungsmodell) und Methoden (z.B. Mediation, Moderation).
Die Daten sind auf ihre notwendigen Voraussetzungen der Analyse zu überprüfen und gegebenenfalls sind Datentransformationen (z.B. Logarithmieren) oder spezifische Anpassungen der Analyseverfahren (robuste Maximum-Likelihood-Schätzung [MLR] bei eingeschränkter Normalverteilung in Strukturgleichungsmodellen) anzuzeigen. Der Umgang mit fehlenden Werten ist zu dokumentieren.
8.1.5 Ergebnisse
“Wichtig ist, die Ergebnisse auf die im theoretischen Teil formulierten Hypothesen zu beziehen” (Friedrichs, 2014, S. 260). Der Ergebnisteil muss sich “stringent aus den zuvor beschriebenen Inhalten ableiten lassen [und es sollten] nur Ergebnisse präsentiert werden, zu dehnen zuvor eine Hypothese formuliert wurde, bzw. die relevant für die Beantwortung der Hypothesen sind” (Steudel, 2011, S. 16).
Werden Inferenzstatistiken im Text aufgeführt, so sind alle notwendigen Parameter zu berichten, z.B.: ‘Im Vergleich kleiner und großer Unternehmen berichten kleine Unternehmen (M=4.08; SD=3.07) eine höhere Innovationsperformanz als große Unternehmen (M=3.36; SD=2.99), t(120)=5.40; p=0.08’.
Die spezifischen Parameter, welche zur Annahme oder Zurückweisung einer Hypothese herangezogen werden (z.B. der standardisierte Beta-Koeffizient bei der Regressionsanalyse), sind entweder durch ihre Standardfehler oder den exakten p-Wert zu ergänzen, z.B. ‘Steigendes interorganisationales Vertrauen fördert die Copoiesis (\(\beta\)=0.48; p=0.00)’ oder ‘(\(\beta\)=0.48; SE=0.82)’.
Als Beleg für Entscheidungen über die Annahme oder Zurückweisung von Hypothesen sind die Ergebnisse anschaulich in Tabellen oder Abbildungen darzustellen (Friedrichs, 2014; Steudel, 2011). Wertungen oder Interpretationen sind erst in der Diskussion zu verfassen (Steudel, 2011).
Die Ergebnistabellen sind zusätzlich durch die Anzahl verwendeter Fälle (Stichprobengröße, n) und den Determinationskoeffizienten der abhängigen Variablen (\(R^2\)) zu ergänzen.
8.1.6 Diskussion/ Implikationen
Hier werden die Ergebnisse zusammengefasst und die “Darstellung sollte sich sowohl auf das Problem als auch auf die Hypothesen als auch auf den Forschungsgegenstand beziehen” (Friedrichs, 2014, S. 260).
Die Ergebnisse werden in Relation zum bisherigen Forschungsstand betrachtet und das “eigene Vorgehen kritisch reflektiert” (Steudel, 2011, S. 19). Dabei können der Geltungsbereich der Ergebnisse und die verwendeten Verfahren und Methoden berücksichtigt werden.
8.1.7 Zusammenfassung
Dem Beitrag kann eine Zusammenfassung angefügt werden, die in klarer Weise mit etwa 100 bis 120 Wörtern die wichtigen Punkte der vorausgehenden Kapitel zusammenfasst (Friedrichs, 2014, S. 261).
8.2 Formatierung der Arbeit
8.2.2 Verzeichnisse
Nach dem Titelblatt folgt ein Inhaltsverzeichnis, in dem die Gliederungspunkte bis in die dritte Ebene mit Seitenzahl angegeben werden. Wenn ein Abkürzungsverzeichnis eingefügt wird, müssen sich auch alle verwendeten Abkürzungen dort finden. Ebenso sind in den Tabellen- und Abbildungsverzeichnissen alle Tabellen und Abbildungen samt Seitenzahl aufzuführen.
8.2.3 Fußnoten
Fußnoten können “ergänzende Hinweise wie zum Beispiel auf Forschungskontroversen oder abweichende Lehrmeinungen […] geben [ohne das] damit die Lesbarkeit und argumentative Stringenz des Haupttextes […] beeinträchtigt wird” (Bouncken, 2009, S. 14).
8.2.4 Formale Kriterien
Ziffern von eins bis neun werden im Text ausgeschrieben. Die Ziffern 10 und größer werden als Ziffer angegeben. Ausgenommen davon sind Ziffern, die sich auf Bewertungen oder Kodierungen beziehen oder wenn ein Satz mit einer Ziffer beginnt.
Gegebenenfalls ist der Satz anders zu formulieren (z.B. ‘Seit dem Jahr 1984 wurde…’ anstelle von ‘Neunzehnhundertvierundachzig war das Jahr, in dem …’). Alle Abkürzungen sind bei der ersten Verwendung auszuschreiben, z.B. ‘Return on Investment (ROI)’ und gegebenenfalls im Abkürzungsverzeichnis aufzuführen. Prozentangaben sind im Text auszuschreiben.
Ausnahmen bilden Angaben in Klammern, Tabellen und Abbildungen. Diese sind mit einem Prozentzeichen (%) zu versehen. Zahlen kleiner eins werden im Text, in Tabellen und in Abbildungen mit einer null vor dem Komma aufgeführt (z.B. p-Wert ≤ 0.001).
Innerhalb der gesamten Arbeit gilt ein einheitliches Format für die Anzahl der Nachkommastellen. Empfohlen werden zwei Nachkommastellen, wobei die Werte entsprechend der allgemeinen Konventionen zu runden sind.
Innerhalb der Arbeit sollte ein einheitliches Cut-off-Niveau zur Beurteilung von Signifikanz verwendet werden, welches im Abschnitt Methoden festzulegen ist.
Nach den Konventionen im Bereich der Managementforschung wird ein p-Wert kleiner der Irrtumswahrscheinlichkeit (\(\alpha\)) von 0.10 vorausgesetzt, um die Ergebnisse als geringfügig (tendenziell) signifikant zu bezeichnen. Ergebnisse werden bei einem p-Wert kleiner 0.05 als signifikant, kleiner 0.01 als hoch signifikant sowie kleiner 0.001 als höchst signifikant bezeichnet (Aguinis et al., 2010).
Für alle vorhandenen Tabellen und Abbildungen sind auch Verweise im Text anzulegen. Werte in Tabellen werden auf der Dezimalstelle ausgerichtet. Ausnahmen sind bei sehr großen Unterschieden erlaubt. Dann sollten die Werte zentriert werden.
8.2.5 Literatur und Zitationen
Wissenschaftliche Arbeiten haben “immer den Anspruch, sich auf andere wissenschaftliche Veröffentlichungen zu beziehen [, wobei die Literaturstellen] nach festen Kriterien im laufenden Text und im Literaturverzeichnis aufgeführt werden” (Funke, Berude & Reuschenbach, 2010, S. 5). Über die Möglichkeiten der Literaturrecherche und die Auswahl geeigneter Quellen berichtet Bouncken (2009).
8.2.6 Wörtliches und sinngemäßes Zitat
“Wörtliche und sinngemäße Zitate, Übernahmen aus oder Anlehnungen an andere Publikationen sind als solche zu kennzeichnen” (Bouncken, 2009, S. 13).
8.2.7 Quellenangaben
Die Formatierung der Quellenangaben unterscheidet sich von Verlag zu Verlag. Eine globale Standardisierung für Zitationen gibt es nicht. Die Einreichungen von Artikeln bei Journalen sind also immer mit einer Anpassung der eigenen Formatierung an das gewünschte Format verbunden. Für Arbeiten im Projektseminar wird die Zitierweise des Strategic Management Journal gewünscht (Global-Strategy-Journal, 2017).
Dabei sind zitierte Quellen im Text in Klammern anzugeben und im Literaturverzeichnis in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen.
Wird im Text auf eine Quelle verwiesen, ist der/ die Autor/en/innen samt Jahresangabe, bei wörtlichem Zitat zusätzlich die Seitenzahl anzugeben.
Stammt eine Quelle von vier oder mehr Autoren, ist die Form “Hauptautor et al., Jahr” zu verwenden. Bei drei Autoren (oder weniger) sind in der ersten Nennung alle Autoren aufzuführen und in folgenden Zitationen ‘Hauptautor et al.’ zu vermerken.
Werden mehrere Quellen eines Autors verwendet, die aus dem gleichen Jahr stammen, sind diese Quellen bei der Jahresangabe zusätzlich durch Buchstaben zu unterscheiden, z.B. ‘Bouncken (2010a, 2010b) beschreibt […]’.